Eigentlich war ja alles super beim Anhängerverkauf. Der Höchstbieter, hier „Franz“ genannt, kümmerte sich direkt nach dem Ende der Auktion um einen Abholtermin, den wir für letzten Montag vereinbarten. Ich hatte ja schon viele mehr oder weniger stressige Verkäufe abgewickelt, wurde auch schon mehrmals mit der unbezahlten Ware sitzen gelassen, Spaßbieter gab es auch schon mehr als genug. Aber den Anhängerverkauf werde ich so schnell nicht vergessen, das ist gewiss…
Der Montag kam, Franz auch. Nicht unbedingt zum vereinbarten Zeitpunkt, aber auch nur mit mittelmäßiger Verspätung. Er sah sich den Anhänger an und war auch nicht enttäuscht. Er wusste sehr wohl, dass ein 26 Jahre alter Anhänger nicht mehr neu ist und schon einige Nachbesserungen erfahren musste und noch brauchen würde, so eben auch leichte Undichtigkeiten untenrum und den einen oder anderen Schönheitsfehler mitbringen würde. Alles war super. Ich sprach auch ganz offen über die Fehler, auffallen würden die ja sowieso. Kaufverträge, Geld, Schlüssel, Papiere, alles Mögliche wechselte die Hände. Neue Kotflügel legte ich bei, die waren bei der HU zwar nicht bemängelt worden, aber ich hatte sie für den Fall der Fälle schon vor zwei Jahren besorgt, was sollte ich jetzt noch damit. Wir unterhielten uns noch eine Weile, dann verließ Franz das Gelände mit seiner neuen Errungenschaft im Schlepp.
Am Dienstag kam eine Nachricht, dass der Anhänger umgemeldet sei und auch problemlos die 100km/h Zulassung bekommen hätte. Prima, da war ich doch froh. Ich schrieb zurück, dass ich gerne noch ein Foto der Zulassungsbescheinigung oder einer Ummeldebescheinigung oder sowas hätte, nicht zuletzt wollte ich sicher gehen, dass nicht irgendwann der nächste Steuerbescheid ins Haus flatterte.
Am Mittwoch dann ein Anruf. Ich wurde angebrüllt, ob ich ihn verarschen wollte, beim Anhänger wäre ein Riss an einer der Achsen. Seine Kumpels hätten gleich herfahren und hier randalieren wollen, aber er hätte gesagt, dass er erst mal mit mir reden wollte. Blutdruck hoch, Adrenalin auf Maximum. Ich sagte ihm, dass ich nichts von dem Mangel wusste und der Prüfer bei der HU auch nichts festgestellt hätte. Wieder wurde ich angeschrien, dass er sein Geld zurück haben wolle. Ich beharrte auf einen ruhigen Umgangston, denn sonst wäre ich nicht zu weiteren Gesprächen bereit. Ich sagte, dass er mir ein Foto vom Schaden schicken solle, damit ich mir selber ein Bild machen könne. Dafür müsste er die Achse ausbauen, meinte er. Er wolle sein Geld zurück überwiesen haben oder er käme vorbei und ich könnte war erleben. „Du willst also, dass ich Dir das Geld zurück bezahle, Du aber den Anhänger behalten kannst?“ Daraufhin der Vorschlag, ich solle 500 Euro überweisen und er käme dann her und würde mir den Anhänger wieder bringen. Das würde mir ja Sicherheit geben. Ja nee, iss klar. Ich sagte ihm, dass er gerne herkommen könnte, dann würden wir reden. Wieder wurde er laut, woraufhin ich auflegte.
Wieder ein Anruf, ich drückte ihn weg.
Dann wieder, ich ging dran. Ich solle ihm 500 Euro überweisen und wir würden die Sache vergessen. Genau, vergessen wir die Sache, aber ohne die 500 Euro. Ich hatte frisch HU gemacht und einen Vertrag in der Tasche, wonach der Anhänger wie gesehen verkauft wurde. Garantie war im Anzeigentext schon ausgeschlossen und wissentlich hatte ich keine groben Mängel verschwiegen, sollte er es doch auf dem Rechtsweg klären, dafür ist der schließlich da. Aufgelegt.
So weit ja gut, aber in meinem Kopf rotierte alles. Ich rief Sigi an und erzählte ihm die Story. Der versuchte mich zu beruhigen und war total entspannt, obwohl sein Wagen durchaus auch zum Opfer der Randalierer werden könnte. Na dessen Ruhe wollte ich auch haben. Ich ging in die Halle und traf die eine oder andere Vorkehrung für den Fall der Fälle. Mein Wagen wurde ein paar Kilo schwerer, aber ich fühlte mich schon gleich nicht mehr so wehrlos. Werkzeuge mit Doppelnutzen sind echt toll! 😉 Ich schloss alles wieder ab, schrieb meine Einkaufsliste und fuhr Gas holen und zum Supermarkt. Etwas Nervennahrung und Füllung für den leeren Kühlschrank. Noch vom Parkplatz aus erneute Kontaktaufnahme zur Außenwelt.
Sigi rief an und fragte, ob ich wieder entspannt sei. Naja, ging so. Auf jeden Fall wollte ich die Nacht nicht vor der Halle verbringen, ich hätte bei jedem Geräusch senkrecht im Bett gestanden. In meinem Vorhaben bestätigt und mit ein paar zusätzlichen, beruhigenden Sätzen ausgestattet, fuhr ich wieder los. Paul. Paul ist immer gut. Zum Glück gab es hier etwas weitere Ablenkung, ich durfte ein paar Hunde ausführen.
Irgendwann klingelte mein Handy wieder. Franz. Aber dieses Mal mit seiner Handynummer. Zögernd ging ich dran. Er war total entspannt und ruhig, sprach mich auf die Ummeldebescheinigung an und dass er nicht wisse, wie er mir die elektronisch zustellen könne. Ich war extrem reserviert, wie man sich vorstellen kann. Auch die Stimme klang jetzt völlig anders. Am Ende des kurzen Gesprächs ließ er Happy noch grüßen.
HÄ??? Hat der eine Vogelzucht???
Doch da dämmerte es mir. Ich schaute auf die Nummer, mit der ich vorhin zur Schnecke gemacht wurde. Die war eher seltsam formatiert, das hatte ich im Eifer des Gefechts garnicht gesehen. War das überhaupt Franz gewesen? Ich erzählte das Paul und meinte, dass ich nachher mal nach der Vorwahl gugeln und morgen einfach mal bei Franz anrufen würde. Musste ich garnicht, Franz rief nochmal an. Wieder tiefenentspannt. Ich sprach ihn darauf an, ob er mich vorhin wegen der Achse angerufen hätte. Nö. Alles prima mit dem Anhänger – und wenn nicht, wäre das ja sein Problem und nicht meins. Schließlich könnte ich ja nicht wissen, was er in den Anhänger geladen hätte… Jetzt musste ich erstmal erleichtert lachen. Was für eine Nummer – für nichts und wieder nichts.
Zurück im Wagen, gab ich die Telefonnummer einfach mal in die Suchmaschine. Siehe da, der Anrufer ist kein Unbekannter und hat diesen Betrug schon mehrfach versucht.
Die Nummer +961 76832076 ist dort mit genau diesen Terroranrufen vermerkt. Da sucht sich einer Inserate raus und verlangt Geld zurück. Na super. Libanesische Nummer, als hätten wir nicht schon genug Ausländerhass in Deutschland. Dabei muss das nicht mal ein Ausländer sein, er konnte prima auf Deutsch schreien.
Kurz später kamen von Franz Fotos vom Anhänger mit dem neuen Nummernschild und vom dazu gehörenden Fahrzeugschein. Jetzt war ich wieder entspannt.
Das Ganze hat mich bestimmt 5 Jahre meines Lebens gekostet…
Wie krass ist das denn!!! O_o
Auf was für unglaublich dreiste Ideen die Leute kommen!
Moin Lieschen! 😉 Jo, der Hammer, oder? Man lernt eben doch immer mal wieder neue Methoden kennen…
was ist das denn für eine bekackte Nummer?
faszinierend.
Ja, mich würde nur mal die Pointe interessieren, sprich, wie er am Ende an das Geld kommen wollte.
Moin Petsi!
Hätteste dem Droh-Anrufer am Telefon ne Adresse einer Polizeiwache als Treffpunkt genannt und hättest ihn da durch dein Nichterscheinen auflaufen lassen. 🙂 🙂
BULLIZEIliche Grüße
Marcus
http://www.bullizei.de.tf
Der wollte ja nicht kommen, ich sollte ihm Geld bezahlen, wie auch immer. Mich würde ja schon interessieren, auf welchem Wege er an die Kohle kommen wollte. Oder war der Plan noch nicht ganz ausgereift…? 😉
Hallo Petsi!
Entweder hätte er dir Western Union oder Vergleichbares angeboten, oder er hätte nach deiner Adresse gefragt mit der Ausrede „Ja, ich war zwar den Anhänger bei dir abholen, aber ich hab den Zettel mit der Adresse nicht mehr.“ Evtl. hätte er nen Hiwi geschickt, für den Fall, dass die Rennleitung schon parat gestanden hätte.
BULLIZEIliche Grüße
Marcus
http://www.bullizei.de.tf
Na wenn er herkommen wollen würde, könnte er den Anhänger ja mitbringen, das kann er aber nicht, weil er ihn ja nicht hat. Außerdem würde ich mich doch sehr wundern, wenn hier ein völlig anderer stehen würde und Geld holen wollte. Zudem glaube ich nicht, dass er so doof ist, sich irgendwo hin zu bequemen, wo er die Situation nicht unter Kontrolle hat, schließlich könnte ich ja ebenfalls ein paar schlagkräftige Argumente haben. Ich bin sicher, ein Treffen mit ihm würde es nicht werden.
Ich glaube auch eher weniger an ein echtes Treffen, als an die Forderung nach Geldtransfer per Western Union oder Ähnlichem, wo man „unerkannt“ das Geld überall auf der Welt abholen kann und nichts rückverfolgbar ist.
Tja, werden wir wohl nicht mehr erfahren. Ich hatte dem Typen eine SMS geschrieben, dass ich mich mit ihm außergerichtlich einigen will. Danach schaltete ich das Handy aus. Er hat 5x versucht anzurufen und 2x eine SMS geschrieben, dass ich ihn anrufen solle. Ich schrieb ihm zurück, dass ich keine Lust hätte, wieder angeschrien zu werden und er mir schreiben könne, wohin das Geld überwiesen werden sollte. – Seitdem ist das Handy an, aber es herrscht absolute Funkstille… 😉
Mensch Petsi,
das ist eine waschechte Nötigung und die würde ich anzeigen. Geht ja auch online.
Gute Fahrt!
Moin Jörg! Gegen den Typ liegen über 60 Anzeigen vor. Wegen einer Nötigung oder eines Betruges wird dessen ausländische Handynummer nicht geortet. Und selbst wenn sie den finden würden, würde er vermutlich sagen, dass er das Handy erst vor wenigen Stunden gefunden hat – und schon ist er wieder fein raus. Die Masche mit der ausländischen anonymen Handynummer ist echt super. Und unsere Staatsmacht hat nichts in der Hand. Aber warte mal wenn in einer Woche meine HU mehr als 2 Monate abgelaufen ist, dann haben die mich gleich am Wickel… 😉