2 Gedanken zu „Quitting: Die Kunst, im richtigen Moment aufzugeben“

  1. Vielen Dank für die Erwähnung meines Blogs. Auch ich folge Andreas seit einer Weile und werde sicher auch beim „Buspenner“ öfter mal vorbeischauen 😀
    LG, Sebastian

  2. Vorhin hatte ich von einem Freund eine Mail bekommen, in der er sich auf das verlinkte Thema bezog. Der erste Gedankenanstoß war der, dass durch Aufgeben auch erhaltendwerte Dinge verloren gehen könnten. So weit so gut. Im Nachtrag kam noch ein Zitat, in dem Aufgeben mit Verlieren gleichgestellt wurde.

    Hmmm. Jetzt arbeiteten wiederum meine Zahnrädchen und ich hatte andere Gedanken dabei. Der Freund hat der Veröffentlichung seiner Mail leider nicht zugestimmt, aber meine Antwort gibt es hier auf die Augen:

    Naja, ich bin mir da nicht so ganz sicher, ob Aufgeben pauschal gleichzusetzen ist mit Verlieren. Ich denke eher dass genau das das Maß unserer Leistungsgesellschaft ist und man sich nur den Wunsch des „normal sein wollens“ damit zu erkaufen versucht. Ich bin ausgestiegen weil es mich kaputt gemacht hat. Keine Leistungsgesellschaft mehr für mich, danke.

    Klingt vielleicht jetzt erst mal etwas doof, aber so empfinde ich das eben, auch aufgrund der Erfahrungen, die ich mit dem Aufgeben gewisser Dinge gemacht habe. Und Du weißt ja dass dieses meinige Aufgeben nicht nur aus freien Stücken entstanden war.

    Schau, ich habe ein paar Autos einfach so aufgegeben und verschrottet, weil ich zu große Pläne für sie gemacht hatte und die niemals hätte finanzieren können. Wäre es denn wirklich sinnvoll gewesen, diese Groschengräber mit aller Gewalt fertig machen zu wollen? Und nur die Vorhaben im Umfang runter zu schrauben kam nicht in Frage, einfach weil ich damit niemals zufrieden gewesen wäre. Bauen und dann nicht fahren können, weil es zu teuer ist…? Auch doof.

    Oder die Wohnung in Gerolsheim, hätte ich da echt mit aller Gewalt und trotz der mich regelrecht auffressen wollenden Umstände weiter gegen meinen Arschlochnachbarn und gegen meinen Vater kämpfen sollen? Nur um „nicht aufgegeben und verloren“ zu haben? Was hätte ich durch das Durchhalten gewonnen? Eine Wohnung die mich angekotzt hat und ständig Ärger mit Ämtern und Polizei, auch wenn die nie etwas beanstanden konnten. Ich sehe da keinen Gegenwert. Im Gegenteil, ich hätte nur viel Kraft für nichts verbraten.

    Zuguterletzt wurde ich gezwungen, die Werkstatt auch noch aufzugeben. Das war der schwerste Schritt, weil ich dadurch extrem viele Sachen aufgeben musste, an die ich mich geklammert hatte. Viele angefangene Projekte, viel Geld und viel Arbeit, die da schon drin steckten. Hätte ich lieber gegen meinen Vater kämpfen sollen? Oder etwas anmieten das ich gerade so bezahlen kann? Nein. Nach wenigen Tagen war ich der Meinung, dass mir Aufgeben viel mehr Lebenskomfort bieten kann als die Werkstatt es jemals konnte. Ich hatte mich mit viel zu viel Kram völlig verzettelt und regelrecht dort festgetackert, musste immer wieder zu „meinem Basislager“ zurück. Die meisten meiner angefangenen Projekte sind übrigens in Liebhaberhände gegangen, leben da weiter, wo sich jemand um sie bemüht, so zum Beispiel das [Fahrzeug XY], das mittlerweile viel schöner aussieht, als es bei mir jemals hätte werden sollen…

    Mein jetziges Leben ist wesentlich freier als ich es jemals gekannt hatte. Ich habe das meiste Zeug dabei und je weniger ich besitze, umso freier fühle ich mich. Naja, bis zu einem gewissen Grad eben. Nur ein paar Klamotten auf dem Leib würden mir nicht reichen. Aber der Düdo mit Anhänger bietet genug Raum zum Spielen und Basteln, aber eben nicht so viel Raum, dass ich mich von oben bis unten zumüllen kann. Ich muss mich auf einige wenige Spielzeuge beschränken, für ein zweites oder gar drittes Auto ist kein Platz. Ja selbst für ein richtiges Motorrad ist es zu eng. Ist das schlimm? Nein. Weniger auszugebendes Geld und weniger Arbeit. Ich kann meine Zeit für anderes „verschwenden“ als das unnötige Gebastel an unnötigen Fahrzeugen und Nebenprojekten. Ich bin unterwegs, nicht schnell und ich komme auch nicht besonders weit herum, aber ich schaue nicht jeden Tag die gleichen Mauern an.

    Und jetzt noch der Aspekt umgekehrter Richtung. Ich habe durch das „Aufgeben“ eine ziemlich starke Veränderung mitgemacht. Die „Komfortzone“ des gewohnten Umfelds zu verlassen ist kein ganz leichter Schritt, jedenfalls nicht für mich als bekennendes Gewohnheitstier. Nach dem letzten Winter wurde mir dieses Gefühl nochmals bewusst, denn auch wenn ich die Nächte im Düdo verbracht hatte, fielen diverse Annehmlichkeiten plötzlich wieder weg, die man sonst ziemlich schnell einfach so als selbstverständlich ansieht. Gleichzeitig hatte ich auch sehr schnell wieder dieses freie Gefühl, mich nur noch auf meine ca. 23 Quadratmeter (Brutto!) konzentrieren zu müssen.

    Ganz ehrlich, ich sehe mich mehr als Gewinner denn als Verlierer. Ich habe durch das Aufgeben Platz für anderes gemacht und bin mittlerweile echt froh dass alles so gekommen ist, sonst würde ich immer noch ständig unzufrieden in Gerolsheim sitzen und Depressionen züchten. So ziehe ich umher und genieße das Leben… 🙂

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert